Ruhland | Erstfassung 8.11.2018 UPDATE 22.6.2022 / 15.6.2024 / 11.9.2024


Schulentwicklung braucht Reformen. Doch nach 1869 überforderte die Einführung der achtjährigen Schulpflicht und der Ganztagsschule viele.

1774 war von Kaiserin Maria Theresia die als 6-klassige Volksschule eingeführt worden. Als knapp 100 Jahre später 1869 von Kaiser Franz Joseph weitgehende Schulreformen einleitete, waren auf dem Land noch nicht einmal Maria Theresias Vorgaben umgesetzt worden...

Also lautet der Beschluss, dass der Mensch was lernen muss. Nicht allein das A-B-C bringt den Menschen in die Höh´.

(Wilhelm Busch, 1832-1908)

In den Städten wurde auch nach 1774 ein Großteil der Schulkinder von Privatlehrern unterrichtet. In Kopfing wurde zwar schon im 17. Jh. Unterricht gehalten, doch besuchten noch im 19. Jh. weniger als die Hälfte der schulpflichtigen Kinder auch den Unterricht.

1. Schule: Weishäupl-Haus (1714-1789)  |  2. Schule: Mesnerhäusl (1789-1875)  |  3. Schule: Neubau (1875-1962)
1. Schule: Weishäupl-Haus (1714-1789) | 2. Schule: Mesnerhäusl (1789-1875) | 3. Schule: Neubau (1875-1962)

Die bange Frage in Stadt und Land lautete (Linzer Volksblatt, 19.8.1869):

Wenn bei sechs Jahren Schulpflicht die Mehrzahl nur bis zum 10. Jahr den Unterricht besucht, - wie soll da die Verlängerung der Schulpflicht auf acht Jahre funktionieren?

-          Rund ein Drittel der eingeschriebenen Schulkinder wurden damals von den Eltern überhaupt nicht in die Schule geschickt.

-          Der Großteil der über Zehnjährigen besuchte nach vier Jahren den Unterricht nicht mehr – auch wenn bis 1869 die 6-jährige Schulpflicht vorgeschrieben war.

-          Besuchten alle Schulpflichtigen wirklich den Unterricht, so fänden sie in den übervollen Klassen keinen Platz. Wohin mit ihnen?

-          Der Wiederholungs-Unterricht, auf dem Land oft als Sonntagsschule geführt, sollte bis zur 8-jährigen Beschulung beibehalten werden. In der Schulverwaltung wird diskutiert: Was ist, wenn niemand kommt?


Die Schule in Kopfing wurde 1869 zu einer „öffentlichen, allgemeinen einklassigen Volksschule beiderlei Geschlechts“.

Der Ortsschulrat, zusammengesetzt aus Gemeindevertretern der seit 1950/51 neu gegründeten Gemeinden, wurde in schulorganisatorischen Belangen dem Schulmeister vorgesetzt.

(Nicht nur) der Kopfinger Ortsschulrat hatte mit den neuen Entwicklungen überhaupt keine Freude:


Salzburger Chronik (24.12.1875)
Salzburger Chronik (24.12.1875)

Vor allem für die Bauernschaft war die achtjährige Schulpflicht ein Ärgernis. Der Ortsschulrat bestand aus Bauern und unterstützte eine Reduktion der Schhulzeit auf sieben Jahre. Vorzeitige Entlassungen aus der Schulpflicht waren damals ein probates Mittel, um Schulkinder nach sechs Schuljahren wieder als Arbeitskräfte einsetzen zu können. Erst mit Schulbeginn 1935 wurde in Kopfing die siebenjährige (!) Schulpflicht für alle durchgesetzt. 

Die Einführung neuer Schulfächer stieß ebenfalls auf Widerstand: Leibesübungen (für Knaben) und Handarbeiten (für Mädchen) wurde als unnütz gesehen. Den Unterricht im Fach „Mädchenhandarbeit“ verhinderte 1878 der Ortsschulrat, indem er bis 1880 die Einstellung einer Handarbeitslehrerin torpedierte.

Linzer Volksblatt (12.9.1878)
Linzer Volksblatt (12.9.1878)

Als 1883 der Ganztagsunterricht eingeführt werden sollte, protestierte der Kopfinger Ortsschulrat wieder und wandte sich sogar an das Unterrichtsministerium in Wien.

Obwohl das Ministerium die Kopfinger Forderungen ablehnte und die "Halsstarrigkeit der Kopfinger" rügte, setzte sich der Ortsschulrat in Linz teilweise durch und erreichte die Genehmigung, zumindest in einer Klasse der damals zweiklassigen Schule den Nachmittag vom Unterricht frei zu halten. 

Die Volksschule besuchten 1870 mehr als 200 Kinder. Im Schulhaus "Mesnergütl" war der Unterricht nur in zwei Klassen möglich. Der Bau eines neuen Schulgebäudes war notwendig und wurde von der Landesregierung in Linz auch gefordert - doch der Ortsschulrat wehrte sich wieder Jahre gegen einen Schulbau.

Erst 1875 wurde an Stelle des heutigen Gemeindeamtes die neue Volksschule eröffnet. Im Gebäude wurde auch die Gemeindekanzlei und eine Lehrerwohnung untergebracht, so blieb wieder nur Raum für zwei Klassenzimmer.

1900 hatte die Volksschule den Höchststand von 319 Schülern erreicht. Seit 1894 hatte der Bezirksschulrat auf eine Erweiterung gedrängt - erst 1901 war nach einer Intervention des Landesschulrates durch einen Zubau die Führung einer dritten Klasse möglich geworden. 

1922 wurde im Zuge der Sanierung des baufällig gewordenen Anbaues die Wetterseite mit Holzschindeln verkleidet.

1967 wurde die alte Volksschule abgerissen - im Februar 1962 waren Lehrer und Schüler der Volksschule in das heutige Volksschulgebäude übersiedelt.


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